Häufige Rechtsfehler in Abmahnungen aus dem Marken- Wettbewerbs- und Urheberrecht

(von Rechtsanwalt und Diplom Betriebswirt  Ludwig Wachter,  Regensburg)

In Abmahnschreiben wird die Rechtslage oft falsch oder zumindest einseitig dargestellt.
Nach Erhalt einer Abmahnung  ist dem Angegriffenen daher in jedem Fall zu raten, vor der Abgabe von Erklärungen (i.d.R. wird die Abgabe einer sog. „strafbewehrten Unterlassungserklärung“ gefordert) den Rat eines fachlich kompetenten Rechtsanwalts einzuholen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass bestehende Rechtspositionen vorschnell aufgegeben oder zu weitgehende Zugeständnisse gemacht werden.
 
Oft kann schon in einem kurzen Telefongespräch mit dem eigenen Anwalt geklärt werden, ob die Abmahnung berechtigt ist oder ob eine genauere rechtliche Prüfung erfolgen muss.
 
Einige der häufigsten Rechtsfehler in Abmahnschreiben sollen kurz für den Bereich Marken- Wettbewerbs- und Urheberrecht angesprochen werden.
 
1. Markenrecht
 
Die mit einer Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsansprüche (und damit auch Schadensersatz- und Kostenerstattungsansprüche) aus dem Markenrecht können z.B. aus folgenden Gründen scheitern:
 
1.1.      es besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Zeichen des Angreifers (z.B. Marke) und dem Zeichen (Marke, Logo, Firma, Geschäftsbezeichnung, Produktbezeichnung)  des Abgemahnten
 
dies wiederum kann darauf beruhen dass
 
- -        ein ausreichender Abstand in der Zeichengestaltung besteht
 
- -        die Zeichen zwar  Ähnlichkeiten aufweisen, aber die beiden Kontrahenten in völlig verschiedenen Branchen tätig sind   (gerade dieser Gesichtspunkt wird oft übersehen bzw. ist dem Abgemahnten nicht bekannt).
 
1.2.      es besteht zwar Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen, aber dem Abgemahnten steht ein Recht mit älterem Zeitrang zu.
 
Hier macht der Abgemahnte häufig den Fehler, nicht zu erkennen, dass er im Besitz der älteren Rechte ist !
 
Denn auch ohne Markeneintragung und ohne Eintragung einer Firma in das Handelsregister können Kennzeichenrechte an einer geschäftlichen Bezeichnung nach § 5 Abs.2 Satz 1 Markengesetz entstanden sein.
 
Wenn ein Unternehmer eine bestimmte Geschäftsbezeichnung nutzt und diese Bezeichnung z.B. auf Briefbögen verwendet, so ist die Bezeichnung nämlich in dem räumlichen Gebiet, in dem das Unternehmen tätig ist (also nicht unbedingt in der gesamten BRD) nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Markengesetz  geschützt.
 
Eine Unterlassungserklärung braucht in den genannten Fällen nicht abgegeben werden.
 
2.    Wettbewerbsrecht
 
Hier geht es häufig um die Frage, ob eine bestimmte Werbeaussage irreführend ist - z.B. im Hinblick auf bestimmte Eigenschaften der beworbenen Produkte.  Dies wird oft vom Angreifer nur pauschal behauptet, ist aber im Prozess genau darzulegen und ggf. vom Angreifer unter Beweis zu stellen. Der Angegriffene, der seine Produkte in der Regel selbst am besten kennt, hat dann die Möglichkeit, den Gegenbeweis anzutreten.
 
Außerdem ist gerade im Wettbewerbsrecht immer genau darauf zu achten, von wem die Abmahnung ausgesprochen wurde. Früher gab es sog. „Abmahnvereine“. Deren Klage- und Abmahnbefugnis ist durch den Gesetzgeber aber stark eingeschränkt worden.
 
3.    Urheberrecht
 
Am häufigsten sind hier Abmahnungen wegen unerlaubten downloads (und damit verbunden dem „öffentlich zugänglich machen“)  von Musikwerken oder Filmen mit Hilfe einer Tauschbörsensoftware.
 
Meistens hat der Inhaber des Internetanschlusses den download nicht selbst durchgeführt, sondern ein anderer Mitbewohner im Hausstand.
 
Von Seiten der abmahnenden Rechtsanwälte wird in diesen Fällen fast immer behauptet, es spiele für die Haftung auf Unterlassung keine Rolle, wer den download tatsächlich durchgeführt hat. Der Anschlussinhaber hafte auf jeden Fall.
 
In dieser Allgemeinheit stimmt das allerdings nicht. Der Anschlussinhaber haftet für Dritte, (z.B. seine Kinder) die den download durchgeführt haben, vielmehr nur, wenn er bestimmte Kontroll- oder Aufsichtspflichten verletzt hat. Richtig ist aber, dass die Anforderungen an die Kontrollpflichten von den Gerichten sehr unterschiedlich beurteilt werden und dass der Abmahnende sich in den Fällen der Teilnahme an Tauschbörsen  das Gericht, bei dem er klagen will, aussuchen kann.
 
Definitiv falsch ist aber die häufige weitere Behauptung, der Anschlussinhaber hafte  auf Schadensersatz, auch wenn er selbst den download nicht durchgeführt hat. Hier besteht eine einhellige und gefestigte Rechtsprechung, die eine solche Haftung ablehnt.
 
Falsch ist meist auch der Ansatz der zu erstattenden Rechtsanwaltskosten. Hier werden oft zu hohe Streitwerte zugrunde gelegt, was dann zu überhöhten Anwaltsgebühren führt, die nicht erstattungsfähig sind.
 
Verschwiegen wird im Abmahnschreiben außerdem häufig, dass in Fällen einer berechtigten ersten Abmahnung gegen eine Privatperson die erstattungsfähigen Kosten auf 100,-- € begrenzt sind, wenn es sich um einen einfach gelagerten Fall und eine nur unerhebliche Rechtsverletzung handelt.
 
Gerade in den genannten Fällen aus dem Urheberrecht kann oft schon durch ein kurzes Telefonat mit dem eigenen Rechtsanwalt geklärt werden, inwieweit die Abmahnung berechtigt ist.
 
Erscheint die Abmahnung berechtigt und ist der Kostenansatz angemessen, dann sollte die Unterlassungserklärung unterzeichnet und die Kosten bezahlt werden; die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts durch den Abgemahnten würde dann nur unnötige zusätzliche Kosten verursachen.
 
Ist die Rechtslage dagegen nicht eindeutig oder erscheint die Abmahnung nur zum Teil als berechtigt, so empfiehlt sich für das Marken- Wettbewerbs- und Urheberrecht gleichermaßen die Abgabe einer sog. modifizierten Unterlassungserklärung. Diese sollte i.d.R. ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und unter Zurückweisung der Kostenansprüche abgegeben werden.
 
Wurde im Markenrecht z.B. verlangt, die Benutzung eines Zeichens allgemein zu unterlassen, so könnte die Unterlassungserklärung evtl. auf die Nutzung des Zeichens für bestimmte Produkte beschränkt werden.
 
Im Wettbewerbsrecht kann die Unterlassungsverpflichtung oft dahingehend eingeschränkt werden, dass eine (irreführende) Aussage künftig nur noch mit einem klarstellenden Zusatz verwendet wird.
 
Im Urheberrecht beschränkt sich die Modifikation in den o.g. Fällen meist auf die Zurückweisung von Schadensersatz- und Kostenerstattungsansprüchen mit dem Hinweis, dass der Abgemahnte die Rechtsverletzung nicht selbst begangen hat.
 
Nach Abgabe einer (modifizierten) Unterlassungserklärung ist unbedingt darauf zu achten, dass das Unterlassungsversprechen eingehalten wird, da sonst die (in jeder Unterlassungserklärung zu regelnde)  Vertragsstrafe fällig werden kann.