Rechtsanwalt Ludwig Wachter Diplom Betriebswirt |
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Bei den meisten Fällen im Bereich Kaufrecht geht es um Fragen der Gewährleistung wegen Sachmängeln, z.B. bei Kraftfahrzeugen.
Hier ist es zunächst wichtig zu wissen, dass die meisten Gewährleistungsansprüche kein Verschulden des Verkäufers voraussetzten, er haftet also für einen Mangel auch dann, wenn er diesen nicht zu vertreten hat.
Die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen sollte allerdings nicht ohne anwaltliche Unterstützung erfolgen, da leicht Fehler gemacht werden können, die zum Verlust von Ansprüchen führen.
Z.B. ist es nicht möglich, einen Mangel einfach selbst beseitigen zu lassen und dem Verkäufer die Kosten in Rechnung zu stellen. Dem Verkäufer muss vielmehr Gelegenheit gegeben werden, den Mangel zu prüfen und selbst nachzubessern. Erst wenn dies nicht erfolgreich verläuft, können weitergehende Ansprüche, z.B. Kaufpreisminderung oder Rücktritt sowie ggf. Schadensersatz geltend gemacht werden.
Welchen Anspruch man verfolgen will, muss vorab genau überlegt werden, da die Voraussetzungen unterschiedlich streng sind und ein Wechsel z.B. von der Minderung zum Rücktritt (oder umgekehrt) nicht möglich ist.
Sehen Sie sich die unten stehenden Gerichtsentscheidungen an. Es handelt sich um BGH Urteile zu wichtigen Fragen des Kaufrechts, die von mir in allgemein verständlicher Form zusammengefasst sind.
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in Kaufrecht
by Super User
(EuGH, Urteil vom 16.06.2011 (C-65/09 u. C-87/09)
von Rechtsanwalt Ludwig Wachter, Regensburg
Im Kaufrecht gilt bekanntlich der Grundsatz, dass der Käufer im Fall der Lieferung einer mangelhaften Sache vom Verkäufer nach § 439 BGB unabhängig vom Verschulden des Verkäufers die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen kann.
Im Normalfall kommen sowohl Käufer als auch Verkäufer mit dieser Regelung gut zurecht. Oft wird es möglich sein, die Sache zu reparieren. Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, so kann der Verkäufer eine andere Sache liefern und muss nicht sofort, wie nach der früheren Rechtslage, die Sache zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten.
Problematisch für den Verkäufer wird der Nacherfüllungsanspruch allerdings dann, wenn eine Reparatur nicht möglich ist und auch eine Ersatzlieferung Schwierigkeiten bereitet, weil der Käufer in gutem Glauben an die Fehlerfreiheit der gelieferten Ware diese anderswo Sache eingebaut hat und erst dann feststellte, dass die Ware nicht funktionstüchtig ist.
In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob der Verkäufer verpflichtet ist, zusätzlich zur Lieferung einer neuen Sache die fehlerhafte Sache auszubauen und die neu gelieferte einzubauen bzw. zumindest die Kosten hierfür zu übernehmen.
Über diese Problematik hat der europäische Gerichtshof (EuGH) im Urteil vom 16.06.2011 entschieden. Die Entscheidung des EuGH betraf einen Verbrauchsgüterkauf, also ein Rechtsgeschäft zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher.
Wie in solchen Verfahren üblich, konnten die Regierungen der EU Mitgliedsstaaten zu der aufgeworfenen Frage Stellungnahmen einreichen. Unter anderem die deutsche Regierung hatte argumentiert, mit dem Begriff „Ersatzlieferung“ werde die reine Lieferung einer Sache bezeichnet. Dem Verkäufer könnten durch das Gewährleistungsrecht keine Verpflichtungen auferlegt werden, die nach dem Kaufvertrag nicht bestanden haben. War also nach dem Kaufvertrag nur die Anlieferung einer Sache, nicht aber deren Einbau geschuldet, so könne auch im Rahmen des Nacherfüllungsanspruchs kein Aus- und Einbau verlangt werden.
Der EuGH hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen. Der EuGH argumentiert
- dass mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ein hohes Schutzniveau zugunsten des Verbrauchers angestrebt wurde,
- dass nach der Richtlinie eine Nachbesserung für den Verbraucher keine erheblichen Unannehmlichkeiten verursachen dürfe,
- dass in anderen Sprachfassungen der Richtlinie, beispielsweise der englischen, der Begriff „replacement“ verwendet wird, was bedeutet, dass nicht nur die Lieferung einer mangelfreien Sache erfolgen muss, sondern dass die mangelhafte Sache tatsächlich „ersetzt“ werden muss.
Ausgehend von diesen Argumenten hat der EuGH wie folgt entschieden:
1. Wurde bei einem Verbrauchsgüterkauf eine mangelhafte Sache geliefert und vom Käufer gutgläubig eingebaut, so muss der Verkäufer, wenn eine Reparatur nicht möglich ist, eine mangelfreie Sache liefern, die mangelhafte Sache ausbauen und die neue Sache einbauen oder die Kosten hierfür übernehmen.
Diese Verpflichtung besteht auch, wenn der Verkäufer nach dem Kaufvertrag ursprünglich nicht zum Einbau verpflichtet war.
2. Der Verkäufer kann die Ersatzlieferung und den Aus- und Einbau nicht pauschal wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern.
Er kann aber bei Unverhältnismäßigkeit der Kosten darauf verweisen, dass der Verkäufer statt des Aus- und Einbaus nur eine Kostenerstattung in angemessener Höhe leisten muß. Was im
Einzelfall angemessen ist, muss unter Berücksichtigung des Wertes des Kaufgegenstandes, der Bedeutung der Vertragswidrigkeit und dem Zweck der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, ermittelt werden.
3. Müsste der Käufer wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwandes für den Ein- und Ausbau einen Teil der Kosten übernehmen, so ist ihm nach seiner Wahl die Möglichkeit zu geben, statt der Ersatzlieferung den Kaufpreis zu mindern oder vom Vertrag zurückzutreten.
Fazit:
Nach meiner Auffassung verdient die Entscheidung des EuGH Zustimmung. Auf der einen Seite bekräftigt der EuGH das hohe Schutzniveau für den Verbraucher, der im Fall der Lieferung einer mangelhaften Sache keine Kosten oder erhebliche Unannehmlichkeiten haben soll.
Andererseits werden aber auch die Interessen des Verkäufers angemessen berücksichtigt, und zwar insbesondere dann, wenn die Aus- und Einbaukosten in keinem Verhältnis zum Wert der gelieferten Ware stehen. In solchen Fällen kann der Verkäufer einen Teil der Kosten auf den Käufer abwälzen.
Der Käufer wiederum kann dieser Kostenabwälzung dadurch entgehen, dass er statt der Ersatzlieferung die Minderung des Kaufpreises oder den Rücktritt wählt.
Die Vorgaben des EuGH sind nun vom Bundesgerichtshof und vom deutschen Gesetzgeber umzusetzen. Ganz einfach dürfte es jedoch nicht sein, den Vorgaben des EuGH gerecht zu werden. Denn einem Käufer ist beispielsweise mit seinem Anspruch auf Kaufpreisminderung dann nicht gedient, wenn die gelieferte Sache völlig funktionsunfähig ist. Dann bleibt dem Käufer nur der Rücktritt vom Vertrag. Im Fall des Rücktritts ist der Kaufpreis vom Verkäufer zurückzuerstatten und die gelieferte Sache zurückzugeben.
Bei der Rückgabe müsste dann wohl der Verkäufer die Kosten für den Ausbau übernehmen. Auch diese Kosten können erheblich sein. In solchen Fällen wird dem Verkäufer dann nur die Möglichkeit bleiben, bei seinem Lieferanten (nach § 478 BGB) Regress zu nehmen.
Rechtsanwalt Ludwig Wachter
in Kaufrecht
by Super User
Kaufrecht- Kfz-Kauf / Nachbesserungsanspruch - muss der Verkäufer das Auto beim Käufer abholen oder muss der Käufer es dem Verkäufer zurück bringen ?
(BGH, Urteil vom 13.04.2011, DAR 2011, 388)
Diese Frage ist von größerer praktischer Bedeutung als man zunächst denken könnte.
Denn stellt sich nach dem Kauf einer Sache heraus, dass diese mangelhaft ist, so hat der Käufer zwar grundsätzlich das Recht zum Rücktritt vom Vertrag, zur Minderung des Kaufpreises oder ggf. auch Ansprüche auf Schadensersatz.
Alle diese Ansprüche setzen aber voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zunächst Gelegenheit zur Nachbesserung bzw. Mängelbeseitigung gegeben hat. In diesem Zusammenhang stellt sich dann die Frage, ob es ausreicht, dass der Käufer die Sache an seinem Wohnort für den Verkäufer zur Abholung bereit stellt oder ob es ihm obliegt, die Sache zum Verkäufer zu bringen. Wo also ist - juristisch ausgedrückt - der Erfüllungsort für den Nachbesserungsanspruch ?
Praktisch relevant wird diese Frage besonders dann, wenn Wohn- bzw. Geschäftssitz von Käufer und Verkäufer relativ weit auseinander liegen.
In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um den Kauf eines Anhängers. Nachdem der Käufer Mängel festgestellt hatte, forderte er den Verkäufer zur Nachbesserung auf, brachte den Anhänger aber nicht in die Werkstatt des Verkäufers, sondern vertrat die Meinung, der Verkäufer müsse den Anhänger an seinem Wohnsitz abholen.
Nachdem der Verkäufer dies verweigerte, erklärte der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag und klagte auf Rückzahlung des Kaufpreises. Der Rechtsstreit ging durch drei Instanzen; der BGH wies die Klage in letzter Instanz ab. Begründung: der Käufer habe seine Obliegenheit, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben, nicht erfüllt, da er den Verkäufer lediglich zur Abholung aufgefordert hatte. Erforderlich wäre es gewesen, dass er den Anhänger zum Verkäufer bringt oder bringen lässt.
Die falsche Einschätzung der Frage, an welchem Ort der Anspruch auf Mängelbeseitigung zu erfüllen ist, ist den Käufer somit teuer zu stehen gekommen; die Prozesskosten über drei Instanzen werden im gegebenen Fall den Wert des Anhängers wohl weit überstiegen haben.
Der BGH hat seine Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen begründet:
1. Zunächst geht der BGH auf § 439 Abs. 2 BGB ein, wonach der Verkäufer die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transportkosten, Arbeits- und Materialkosten zu tragen hat. Verschiedene Gerichte hatten aus dieser Regelung den Schluss gezogen, dass der Verkäufer die mangelhafte Sache beim Käufer abholen müsse, um sie dann zu reparieren.
Diese Ansicht lehnte der BGH jedoch ab. Es handle sich bei § 439 Abs. 2 BGB um eine reine Kostentragungsregelung, die nichts darüber aussage, wo der Erfüllungsort liegt.
2. Der Erfüllungsort müsse lt. BGH vielmehr nach der allgemeinen Vorschrift des § 269 BGB bestimmt werden.
Die Prüfung hat damit in drei Stufen zu erfolgen:
Im Ergebnis muss also der Käufer eines Kfz oder eines Anhängers die Sache zur Mängelbeseitigung zum Verkäufer bringen, der Verkäufer hat jedoch die erforderlichen Transportkosten zu tragen (vgl. § 439 Abs. 2 BGB).
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass der BGH auch auf die europäische Verbrauchsgüterkauf -Richtlinie eingeht. In dieser Richtlinie ist u.a. geregelt, dass ein Käufer seine Nachbesserungsrechte ohne erhebliche Unannehmlichkeiten wahrnehmen können muss.
Auch wenn der Rücktransport zum Verkäufer für den Käufer mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, so ist dies lt. BGH im Regelfall keine erhebliche Unannehmlichkeit im Sinne der Richtlinie. Anders wäre erst dann zu entscheiden, wenn ein Rücktransport, wie oben bereits erwähnt, mit besonderen Schwierigkeiten verbunden wäre.
Fazit: Für Fälle des Kfz-Kaufs hat der BGH mit seiner Entscheidung klare Verhältnisse geschaffen. Bei anderen Fallkonstellationen kann es dagegen zweifelhaft sein, wo wegen der „Natur des Schuldverhältnisses“ oder wegen „besonderer Umstände“ der Erfüllungsort für die Nachbesserung liegt.
In solchen Zweifelsfällen ist dem Käufer anzuraten, den beschwerlicheren, aber sicheren Weg zu gehen und die Sache zur Nachbesserung zum Verkäufer zu bringen. Denn einerseits hat der Verkäufer hierfür letztlich die Kosten zu tragen, andererseits erspart sich der Käufer ggf. eine unangenehme Überraschung, wenn die Gerichte seine Einschätzung zum Erfüllungsort nicht teilen.
Jeder Rechtsstreit ist zwar mit Risiken verbunden, aber wo die Möglichkeit besteht, die Prozessrisiken zu minimieren, sollte dies genutzt werden.
(von Rechtsanwalt und Dipl.- Betriebswirt Ludwig Wachter, Regensburg)
in Kaufrecht
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Kaufrecht- Sachmängelhaftung - Beweislastumkehr bei privatem Autokauf
(von Rechtsanwalt und Dipl. Betriebswirt Ludwig Wachter, Regensburg)
BGH, Urteil vom 02.06.2004,: VIII ZR 329/03 (Zahnriemenfall)
BGH, Urteil vom 14.09.2005, VIII ZR 363/04 (Karosserieschadenfall)
BGH, Urteil vom 18.07.2007, VIII ZR 259/06 (Zylinderkopfdichtungsfall)
Seit der Schuldrechtsreform im Jahr 2002 existiert eine gesetzliche Regelung (§ 476 BGB), die Verbrauchern die Geltendmachung von Sachmängeln erheblich erleichtert.
Nach der früheren Rechtslage musste auch bei einem Verbrauchsgüterkauf (also bei einem Geschäft zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher) vom Käufer bewiesen werden, dass ein nach dem Kauf festgestellter Mangel der Kaufsache schon bei Übergabe der Sache vorhanden war.
Bei einem Verbrauchsgüterkauf wird nun durch § 476 BGB die Beweislast umgekehrt: Zeigt sich innerhalb von 6 Monaten seit Übergabe ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei der Übergabe mangelhaft war. Der Unternehmer kann die Haftung für einen Sachmangel nur vermeiden, wenn er beweist, dass die Sache bei Übergabe in Ordnung war.
Diese für Verbraucher vorteilhafte und scheinbar einfach zu handhabende Regelung bereitete den Gerichten - auch dem Bundesgerichtshof - in den ersten Jahren nach Inkrafttreten der BGB-Reform dennoch gewisse Schwierigkeiten.
Der BGH hatte im Jahr 2004 folgenden Fall zu entscheiden (Zahnriemenfall):
Eine Privatperson hatte von einem Kfz-Händler einen Pkw gekauft. Dieser erlitt einige Wochen nach dem Kauf einen Motorschaden. Ein beauftragter Sachverständiger ermittelte, dass die Ursache für den Motorschaden ein zu lockerer Zahnriemen war. Als Ursache hierfür wiederum kam entweder fehlerhaftes Material oder ein Fahrfehler (Fehler beim Gangwechsel) in Frage.
Welche Ursache genau für den lockeren Zahnriemen verantwortlich war, konnte der Sachverständige nicht ermitteln.
Der BGH stellte zunächst fest, dass der Motorschaden selbst nicht als relevanter Sachmangel angesehen werden kann, da der Motorschaden unstreitig erst nach Übergabe des Pkw aufgetreten ist und deshalb § 476 BGB mit der Beweislastumkehr nicht eingreifen konnte.
Weiter führt der BGH aus, dass § 476 BGB nur eine Beweiserleichterung für den Käufer in zeitlicher Hinsicht darstellt. Zeige sich innerhalb von 6 Monaten ein Sachmangel, so werde vermutet, dass dieser schon bei Übergabe vorhanden war, ohne dass der Käufer hierfür einen Beweis erbringen müsse.
Der Käufer müsse jedoch weiterhin beweisen, dass die Kaufsache überhaupt einen Mangel aufweise.
Bis hierher ist dem BGH beizupflichten. Dann führt der BGH jedoch aus, der Nachweis, dass ein Sachmangel vorgelegen habe, sei vom Käufer hier nicht geführt worden, da er nicht bewiesen habe, dass die Ursache für den lockeren Zahnriemen fehlerhaftes Material war. Laut Sachverständigengutachten komme vielmehr auch ein Fahrfehler in Frage. Deshalb scheide eine Haftung des Verkäufers aus.
Diese Entscheidung wurde im Schrifttum überwiegend kritisiert. Auch nach meiner Auffassung hat der BGH hier falsch entschieden, da er die Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, nicht konsequent von der Frage getrennt hat, was die Ursache für den Sachmangel war. Ein zu lockerer Zahnriemen stellt nach meiner Auffassung zweifellos einen Sachmangel dar. Da sich dieser Sachmangel innerhalb der 6-Monatsfrist des § 476 BGB zeigte, wäre zu vermuten gewesen, dass dieser Sachmangel bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden war. Das Gegenteil hätte dann evtl. vom Verkäufer bewiesen werden müssen. Da dieser Beweis im entschiedenen Fall nicht geführt werden konnte, hätte richtigerweise der Käufer in dem Rechtsstreit obsiegen müssen.
In einem weiteren Fall (Karosseriefall) aus dem Jahr 2005 ließ der BGH zwar die Beweislastumkehr des § 476 BGB zugunsten des Käufers eingreifen, aber nur aus dem Grund, weil für einen festgestellten Karosserieschaden nur eine bestimmte Ursache, die nicht aus der Sphäre des Käufers stammte, in Frage kam. Der BGH hatte also wiederum die Feststellung, ob ein Sachmangel vorliegt, davon abhängig gemacht, was die Ursache hierfür war.
Eine Richtigstellung und Abkehr von der bisherigen Rechtssprechung erfolgte erst im Jahr 2007 (Zylinderkopfdichtungsfall):
Einige Wochen nach Übergabe des Fahrzeugs wurde bei einer Untersuchung in einer Werkstatt festgestellt, dass die Zylinderkopfdichtung defekt war. Laut Sachverständigengutachten kamen hierfür drei Ursachen in Betracht:
- ein vorhandene Schädigung schon bei Übergabe des Fahrzeugs
- eine Überhitzung des Motors durch zu wenig Kühlmittel
- eine Überhitzung durch Überbeanspruchung (Fahrfehler)
Hier stellte der BGH nun klar, dass die defekte Zylinderkopfdichtung einen Sachmangel darstellt, unabhängig davon, was hierfür die Ursache ist. Da der Verkäufer nicht nachweisen konnte, dass die defekte Zylinderkopfdichtung auf einen Fahrfehler zurückzuführen war, musste er für diesen Defekt haften.
Konsequenzen aus dieser Rechtsprechung
- für einen Käufer:
Ein Käufer sollte zunächst darauf achten, dass ein aufgetretener Mangel beweiskräftig, also möglichst durch einen Fachmann dokumentiert wird. In einem evtl. Rechtstreit mit dem Verkäufer sollte das angerufene Gericht zur Vermeidung von Fehlentscheidungen möglichst nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der BGH von der in den ersten beiden Fällen geschilderten Rechtsprechung abgewichen ist und vom Käufer nur noch der Nachweis verlangt werden kann, dass ein Sachmangel vorliegt. Dem Käufer obliegt es dagegen nicht zu beweisen, dass dieser Sachmangel auf eine bestimmte Ursache, die nicht in seinem Verantwortungsbereich liegt, zurückzuführen ist.
- für einen gewerblichen Verkäufer:
Versuche, die Sachmängelhaftung zu umgehen, sind meistens zum Scheitern verurteilt:
Ein genereller Ausschluss der Sachmängelhaftung ist wegen § 475 Abs. 1 BGB nicht mehr möglich.
Auch ein sog. Agenturgeschäft, bei dem der Kfz-Händler lediglich als Vertreter eines privaten Verkäufers auftritt, hilft in der Regel nicht weiter. Eine solche Gestaltung wird von der Rechtsprechung als Umgehungsgeschäft (§ 475 Abs. 1 Satz 2 BGB) angesehen. Dies führt dazu, dass die Regeln über den Verbrauchsgüterkauf, z.B. die Beweislastumkehr, weiterhin angewendet werden.
Wenig erfolgreich sind auch Versuche, sich vom Käufer (etwa in einem Übergabeprotokoll) schriftlich bestätigen zu lassen, dass das Fahrzeug keine Mängel aufweist. Denn solche Privaturkunden haben nach der Rechtsprechung des BGH nur eine sehr eingeschränkte Beweiskraft. Aus diesen Urkunden kann sich allenfalls ein Indiz für die Mangelfreiheit ergeben. Dem Käufer wird aber dadurch der Beweis, dass dennoch ein Mangel vorhanden war, nicht abgeschnitten. Besonders gilt dies, wenn ein Mangel für einen Laien schwer erkennbar ist.
Nach meiner Auffassung ist der Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkauf am besten beraten, wenn er den Käufer auf ihm bekannte Mängel schriftlich hinweist. Dann kann sich der Käufer nicht nachträglich auf diesen Mangel berufen (§ 442 BGB).
Hat sich ein Käufer für ein bestimmtes Fahrzeug entschieden, so wird er sich in der Regel durch den Hinweis auf einen Mangel nicht vom Kauf abhalten lassen, sondern allenfalls über einen niedrigeren Kaufpreis verhandeln.
Für den Verkäufer dürfte es normalerweise besser sein, beim Kaufpreis Zugeständnisse zu machen, als später nachbessern oder ggf. den gesamten Kauf rückabwickeln zu müssen.
in Kaufrecht
by Ludwig Wachter
Sachmängelhaftung beim Verbrauchsgüterkauf (Beweislastumkehr), Stand: Januar 2014
(von Rechtsanwalt und Dipl.- Betriebswirt Ludwig Wachter, Regensburg)
BGH, Urteil vom 15. Januar 2014, VIII ZR 70/13
Bis zum Jahr 2002 musste ein Käufer, der eine gewisse Zeit nach Übergabe der Sache einen Mangel feststellte, nachweisen, dass dieser Mangel bereits bei Übergabe der Sache vorhanden war. Nur dann konnte er Gewährleistungsansprüche geltend machen.
Durch die Schuldrechtsreform im Jahr 2002 wurde mit dem § 476 BGB beim Verbrauchsgüterkauf eine für den Käufer vorteilhafte Regelung eingeführt. Wenn nach dem Kauf ein Mangel festgestellt wird, so wird vermutet, dass dieser Mangel bei Übergabe der Sache schon vorhanden war. Die Vermutung gilt für einen Zeitraum von 6 Monaten ab der Übergabe der Sache.
Will der Verkäufer Gewährleistungsansprüchen entgehen, so liegt es nun an ihm zu beweisen, dass der Mangel bei der Übergabe der Sache noch nicht vorhanden war.
Schwierigkeiten bei der Anwendung dieser Beweislastregel ergeben sich immer dann, wenn innerhalb von 6 Monaten ein akuter Mangel sichtbar wird und der Verkäufer nachweisen kann, dass dieser Mangel bei Übergabe noch nicht vorhanden war.
Der Käufer argumentiert in solchen Fällen dann häufig, dass der akut aufgetretene Mangel eine Ursache hat, die selbst einen Sachmangel darstellt (sog. latenter Mangel), und dass auch in Bezug auf diesen latenten Mangel die Vermutungswirkung des § 476 BGB anzuwenden sei. Das heißt, dass auch in Bezug auf den latenten Mangel vermutet wird, dass dieser schon bei Übergabe der Sache vorhanden war.
Der BGH hatte einen solchen Problemfall zu entscheiden. Der Käufer hatte im Februar 2007 ein Pferd erworben, im April 2007 begann das Pferd zu lahmen. Dieses Lahmen stellt zweifellos einen Sachmangel dar, es war für den Verkäufer jedoch leicht zu beweisen, dass dieser Sachmangel bei Übergabe der Sache noch nicht vorhanden war, da das Pferd unter Anwesenheit mehrerer Zeugen probegeritten worden war und keine Beeinträchtigung festgestellt wurde.
Der Käufer behauptete nun, dass das Lahmen auf einer Ursache beruhte, die selbst einen Sachmangel darstellt, nämlich auf einer Schädigung der Sehnenfasern.
Hier bestehen bezüglich der Anwendung der Mangelvermutung des § 476 BGB drei Lösungsmöglichkeiten:
1. Die Vermutungswirkung des § 476 BGB bezieht sich nur auf den sichtbar gewordenen Mangel, also auf das Lahmen des Pferdes. Es galt hier zunächst die Vermutung, dass das Lahmen schon bei Übergabe vorhanden war, diese Vermutung wurde jedoch, wie oben bereits ausgeführt, durch den Verkäufer widerlegt.
Diese Auffassung hat die Vorinstanz, das OLG Frankfurt/Main, vertreten und Gewährleistungsansprüche des Käufers verneint; der BGH ist dem nicht gefolgt.
2. Nach anderer Auffassung ergibt sich aus dem sichtbar gewordenen Mangel wegen § 476 BGB die Vermutung, dass dieser Mangel auf einer Ursache beruht, die selbst einen Mangel (latenten Mangel) darstellt, und dass dieser latente Mangel ebenfalls bei Übergabe der Sache bereits vorhanden war.
Dieser Auffassung folgte der BGH ebenfalls nicht. Es bestehe kein Anlass zu anzunehmen, dass ein sichtbar gewordener Mangel auf einem latenten Mangel beruhe, denn es sei genauso gut möglich, dass der sichtbar gewordene Mangel auf einer normalen Abnutzung oder aber auf einem akuten Unfallgeschehen nach Übergabe der Sache beruhe.
3. Der BGH schlägt einen Mittelweg ein: Der Käufer muss zunächst beweisen, dass der sichtbar gewordene Mangel auf einem latenten Mangel beruht. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass ein Sachverständiger bestätigen muss, dass das Lahmen des Pferdes auf eine Schädigung der Sehnenfasern zurückzuführen ist und nicht auf eine normale Abnutzung oder ein akutes Unfallgeschehen zurückgeht.
Gelingt der Nachweis, dass das Lahmen auf eine Schädigung der Sehnenfasern zurückzuführen ist, so greift § 476 BGB ein, es wird dann vermutet dass diese Schädigung schon bei Übergabe vorhanden war.
Um Gewährleistungsansprüchen entgehen zu können, müsste nun der Kläger die Vermutungswirkung widerlegen und beweisen, dass die Schädigung der Sehnenfasern bei der Übergabe noch nicht vorlag.
Fazit:
Die Beweislastumkehr nach § 476 BGB geht nicht so weit, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Dem Käufer obliegt weiterhin zunächst der Beweis, dass ein akuter Mangel vorliegt.
Weist dann der Verkäufer nach, dass dieser Mangel bei Übergabe noch nicht vorhanden war, so liegt es am Käufer zu beweisen, dass der akute Mangel auf einem latenten Mangel beruht.
Hier bleiben erhebliche Prozessrisiken bestehen, denn das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens zur Ursache eines sichtbar gewordenen Mangels ist im Voraus kaum abzuschätzen. Wenn der Sachverständige aussagt, dass mehrere Ursachen in Frage kommen, geht dies zulasten des Käufers.
Sowohl für die Käufer- als auch für die Verkäuferseite erscheint es daher in solchen Fällen ratsam, eine außergerichtliche Einigung anzustreben.
Rechtsanwalt Ludwig Wachter, Regensburg
in Kaufrecht
by Ludwig Wachter
Kaufrecht – Ersatz von Reparaturkosten als Schadensersatz
(BGH, Urteil vom 29.04.2015, VIII ZR 104/14; Urteil vom 17. Oktober 2012, AZ: VIII ZR 226/11)
(von Rechtsanwalt Ludwig Wachter, Regensburg)
Werden nach einem Kauf Mängel der erworbenen Sache festgestellt, so möchte der Käufer in erster Linie, dass diese Mängel beseitigt werden. Nach § 439 BGB ist der Verkäufer auch gesetzlich zur Nachbesserung, also zur Lieferung einer mangelfreien Sache oder zur Beseitigung der Mängel der Kaufsache verpflichtet.
Probleme können sich aber ergeben, wenn der Verkäufer seiner Verpflichtung zur Mängelbeseitigung nicht nachkommt. Am einfachsten wäre es für den Käufer, wenn er in diesem Fall den Mangel selbst beseitigen lassen und die hierfür angefallenen Kosten dem Verkäufer in Rechnung stellen könnte.
Diese Möglichkeit sieht das Kaufrecht aber nicht ausdrücklich vor. Lediglich im Werkvertragsrecht ist die Möglichkeit zur sog. Selbstvornahme und zum Ersatz der hierfür erforderlichen Aufwendungen geregelt (vgl. § 634 Nr. 2, § 637 BGB).
Im Kaufrecht sind die Ansprüche des Käufers dagegen auf Rücktritt, Minderung und Schadensersatz beschränkt.
Meist ist dem Käufer nicht daran gelegen, vom Vertrag zurückzutreten, da er ja an sich mit der gekauften Sache zufrieden ist und nur den Mangel beseitigt haben will. Ein Rücktritt scheidet dann aus.
Die Geltendmachung des Anspruchs auf Minderung des Kaufpreises ist oft problematisch. Ein direkter Anspruch auf Ersatz von Reparaturkosten besteht hier nicht. Vielmehr ist zu vergleichen, welchen Wert die Kaufsache derzeit (also mit dem Mangel) hat und welchen Wert die Sache haben würde, wenn sie mangelfrei wäre. In dem so ermittelten Verhältnis ist dann der Kaufpreis herabzusetzen.
Der auf diese Weise ermittelte Betrag entspricht in den seltensten Fällen den für die Reparatur erforderlichen Kosten. Denn oft verhält es sich so, dass ein Mangel den Wert des Kaufgegenstandes nur geringfügig mindert, die Beseitigung dieses Mangels aber einen großen Aufwand und dementsprechend hohe Kosten verursacht. Der Minderungsanspruch verhilft dem Käufer daher häufig nicht zu seinem Ziel.
Dann bleibt nur noch der Schadensersatzanspruch. Dieser Anspruch kann deshalb Probleme bereiten, weil er Verschulden des Verkäufers voraussetzt, während die anderen Gewährleistungsansprüche (Rücktritt, Minderung) verschuldensunabhängig sind.
Der Verkäufer wird bei Abschluss des Kaufvertrages den Mangel der Sache meist selbst nicht kennen, deshalb wird ein Verschulden zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses meistens nicht vorliegen oder zumindest nicht nachweisbar sein.
Nun weist aber der BGH in den oben zitierten Entscheidungen auf eine weitere Möglichkeit hin:
Der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Pflichtverletzung des Verkäufers kann auch daraus abgeleitet werden, dass der Verkäufer seiner Pflicht zur Nachbesserung schuldhaft nicht nachkommt. Diese Feststellung ist für die Praxis außerordentlich wichtig und wird von Käuferseite oft übersehen.
Der Käufer kann also folgendermaßen vorgehen:
Nach Feststellung eines Mangels muss er zunächst den Verkäufer zur Beseitigung des Mangels auffordern. Kommt der Verkäufer innerhalb angemessener Frist dieser Aufforderung nicht nach, so handelt er in der Regel schuldhaft, da ihm der Mangel nun bekannt ist und er zur Beseitigung verpflichtet ist.
Nun kann der Käufer den Mangel selbst beseitigen lassen (zu empfehlen ist, zunächst Kostenvoranschläge einzuholen) und die Reparaturkosten dann vom Verkäufer als Schadensersatz zu fordern. Damit hat der Käufer sein primäres Ziel erreicht.
Noch zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Verkäufer nach § 439 Abs. 3 BGB unter Umständen zur Verweigerung der Nacherfüllung berechtigt sein kann, wenn die Nacherfüllung, (z. B. die Reparatur), unter Berücksichtigung des Wertes der Sache und der Bedeutung des Mangels unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde. In einem solchen Fall läge schuldhaftes Verhalten des Verkäufers nicht vor. Schadensersatzansprüche scheiden dann aus.
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in Kaufrecht
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Kaufrecht – Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf (§ 476 BGB), Änderung der Rechtsprechung des BGH
Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Oktober 2016, AZ: VIII ZR 103/15
von Rechtsanwalt Ludwig Wachter, Regensburg
Stellt der Käufer einer Sache fest, dass diese einen Mangel aufweist, so muss er grundsätzlich beweisen, dass der Mangel schon bei Übergabe der Sache vorhanden war, wenn er Gewährleistungsrechte (Nachbesserung, Minderung, Rücktritt, Schadensersatz) geltend machen will.
Bei einem Verbrauchsgüterkauf, also einem Geschäft, bei dem auf Verkäuferseite ein Unternehmer und auf Käuferseite ein Verbraucher beteiligt ist, gilt für den Käufer eine Beweiserleichterung: Zeigt sich der Sachmangel innerhalb von 6 Monaten seit der Übergabe, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Übergabe mangelhaft war.
Diese auf den ersten Blick einfache und klare Vorschrift des § 476 BGB hat in der praktischen Anwendung dennoch Schwierigkeiten bereitet.
Denn häufig verhält es sich so, dass innerhalb der 6-Monatsfrist ein Mangel sichtbar wird, der in dieser (sichtbaren) Form bei der Übergabe der Sache noch nicht vorhanden war. Die Vermutungswirkung des § 476 BGB greift somit nicht.
Allerdings haben sich Käufer dann häufig darauf berufen, dass der sichtbar gewordene Mangel seine Ursache in einem anderen, latent bereits vorhandenen mangelhaften Zustand der Kaufsache hatte.
Dieser latente Mangel habe sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und sei erst einige Zeit nach Übergabe der Sache bemerkbar geworden (z.B. Getriebeschaden, der sich weiter verschlechtert und dazu führt, dass ein Gang nicht mehr eingelegt werden kann).
Von Verkäuferseite wurde dann oft entgegengehalten, dass der sichtbar gewordene Mangel nicht auf einem latenten Mangel beruht, sondern auf einer fehlerhaften Behandlung der Sache durch den Käufer (z.B. beim Autokauf: Getriebeschaden durch Verschalten, Motorschaden durch Fahren mit zu hoher Drehzahl).
In diesen Fällen war lange Zeit umstritten, ob der Käufer beweisen muss, dass der sichtbare Mangel auf einem latenten Mangel beruht oder ob der Verkäufer beweisen muss, dass der sichtbare Mangel auf ein Fehlverhalten des Käufers zurückzuführen ist.
Der BGH hatte in früheren Urteilen ausgesprochen, dass der Käufer beweisen muss, dass der sichtbare Mangel auf einem latenten Mangel beruht.
Diese Rechtsprechung hat der BGH nun aufgegeben. Er hat sich dazu durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4. Juni 2015 verlasst gesehen. Der EuGH hat in einem Urteil zur Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (der Grundlage für § 476 BGB) den Anwendungsbereich der Beweislastumkehrregelung zugunsten des Verbrauchers erweitert.
Der BGH ist dem gefolgt, so dass nunmehr gilt: Der Käufer braucht nur noch nachzuweisen, dass innerhalb von 6 Monaten seit Übergabe der Sache ein mangelhafter Zustand aufgetreten ist. Er braucht nicht mehr zu beweisen, dass dieser mangelhafte Zustand auf einem latenten Mangel beruht, denn auch hierauf bezieht sich nun die Vermutungswirkung des § 476 BGB.
Die Position des Käufers in einem Rechtsstreit über das Bestehen von Gewährleistungsansprüchen hat sich damit erheblich verbessert.
Es bleibt aber zu beachten, dass § 476 BGB nur eine gesetzliche Vermutung regelt. Diese Vermutung kann vom Verkäufer unter Umständen widerlegt werden, wenn er beweisen kann, dass der behauptete latente Mangel bei Übergabe definitiv noch nicht vorhanden war und der sichtbare Mangel beispielsweise auf einer fehlerhaften Behandlung der Sache durch den Käufer beruht.
Nach der neuen Rechtsprechung des BGH trifft den Verkäufer hier aber die volle Beweislast.
In der Praxis dürfte die neue Rechtsprechung des BGH dazu führen, dass es zu weniger gerichtlichen Auseinandersetzungen bezüglich der Sachmängelhaftung kommt, da sich ein Verkäufer nur dann auf ein Gerichtsverfahren einlassen wird, wenn er sicher ist, den ihm obliegenden Beweis führen zu können oder wenn er geltend machen kann, dass die Vermutungswirkung des § 476 BGB mit der Art der Sache oder der Art des Mangels unvereinbar ist, wie es z.B. der Fall wäre bei einer äußerlichen Beschädigung der Sache, die bei der Besichtigung auffallen musste.
Von Rechtsanwalt Ludwig Wachter, Diplom Betriebswirt, Regensburg
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Kaufrecht – BGH-Beschluss zu Abschaltvorrichtungen in KfZ
BGH, Beschluss vom 8. Januar 2019, Az: VIII ZR 225/17
Besprechung von Rechtsanwalt Ludwig Wachter, Regensburg, 17.05.2019
Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss zu zwei wichtigen rechtlichen Fragen Stellung genommen, die im Zusammenhang mit sogenannten Abschaltvorrichtungen bei Kraftfahrzeugen auftreten können. Im Fall des BGH war ein Fahrzeug mit einer Software ausgestattet, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierte.
Satz 1 Fahrzeugzulassungsverordnung, (solange eine Nachrüstung nicht durchgeführt ist), weil die beschriebene Abschalteinrichtung gegen EU-Vorschriften zur Typ-Genehmigung verstößt. Bereits aufgrund der drohenden Betriebsuntersagung (diese muss noch nicht ausgesprochen sein) ist laut BGH also ein Sachmangel gegeben.
Im BGH-Fall hatte der Käufer die Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache verlangt.
Der Verkäufer hatte eingewandt, dass er ein solches Fahrzeug nicht mehr liefern könne, da es inzwischen einen Modellwechsel gegeben habe und sich das neue Modell hinsichtlich Leistung, Höchstgeschwindigkeit und Außenabmessungen deutlich vom Vorgängermodell unterscheide.
Die meisten Oberlandesgerichte haben in solchen Fällen den Anspruch auf Ersatzlieferung verneint.
Der BGH folgt dieser Ansicht aber nicht und erklärt, dass die Reichweite der Beschaffungspflicht des Verkäufers durch Auslegung des Kaufvertrages zu ermitteln ist. In der Regel besteht die Beschaffungspflicht nicht nur für identische Sachen, sondern auch, gerade bei Kraftfahrzeugen, bezüglich sog. Nachfolgermodelle. In diesem Zusammenhang weist der BGH darauf hin, dass es bei Kraftfahrzeugen auch in der laufenden Produktion oft zu technischen Änderungen und Anpassungen komme, ohne dass ein äußerlich erkennbarer Modellwechsel vorgenommen wird.
Die Tatsache, dass das ursprüngliche Modell nicht mehr hergestellt wird und nur noch das Nachfolgermodell verfügbar ist, steht also dem Nachlieferungsverlangen des Käufers nicht entgegen.
Entscheidend ist laut BGH vielmehr, ob die Ersatzbeschaffung für den Käufer im Einzelfall mit unverhältnismäßigen Kosten (§ 439 Abs. 4 BGB) verbunden ist.
Diese Frage wird künftig in der Praxis am wichtigsten werden. Es ist hier eine Interessenabwägung zwischen Käufer- und Verkäuferinteressen vorzunehmen. Die Entscheidungen der Gerichte werden dadurch schwer prognostizierbar.
Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Interessenabwägung nicht nur der Aufwand des Verkäufers für die Ersatzbeschaffung (abzüglich des Veräußerungserlöses für das mangelhafte Fahrzeug). Zu berücksichtigen ist auch der Wert der Sache im mangelfreien Zustand und die Bedeutung des Mangels. Besonders wichtig dürfte sein, ob die Mängelbeseitigung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer durchgeführt werden kann.
Diese Frage ist gerade bei den Fahrzeugen mit Abschalteinrichtungen wichtig, weil seitens der Verkäufer meistens darauf hingewiesen wird, dass die installierte Abschalt- Software durch ein „Update“ ersetzt werden könne. Der Käufer wird hier oft einwenden, dass ein solches Update für ihn nicht in Frage kommt, da das Fahrzeug dann an Leistung verliert, mehr verbraucht oder einem höheren Verschleiß unterliegt.
Entscheidend in einem Rechtsstreit dürften also oft technische Fragen sein, insbesondere die Problematik, ob das Softwarte-Update tatsächlich ohne Nachteile für den Verkäufer (Verbrauch, Verschleiß, Leistung) durchgeführt werden kann.
Von Rechtsanwalt Ludwig Wachter, Diplom Betriebswirt, Regensburg
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