Kaufrecht- KfZ- Kauf/ Erfüllungsort bei Nachbesserung
Kaufrecht- Kfz-Kauf / Nachbesserungsanspruch - muss der Verkäufer das Auto beim Käufer abholen oder muss der Käufer es dem Verkäufer zurück bringen ?
(BGH, Urteil vom 13.04.2011, DAR 2011, 388)
Diese Frage ist von größerer praktischer Bedeutung als man zunächst denken könnte.
Denn stellt sich nach dem Kauf einer Sache heraus, dass diese mangelhaft ist, so hat der Käufer zwar grundsätzlich das Recht zum Rücktritt vom Vertrag, zur Minderung des Kaufpreises oder ggf. auch Ansprüche auf Schadensersatz.
Alle diese Ansprüche setzen aber voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zunächst Gelegenheit zur Nachbesserung bzw. Mängelbeseitigung gegeben hat. In diesem Zusammenhang stellt sich dann die Frage, ob es ausreicht, dass der Käufer die Sache an seinem Wohnort für den Verkäufer zur Abholung bereit stellt oder ob es ihm obliegt, die Sache zum Verkäufer zu bringen. Wo also ist - juristisch ausgedrückt - der Erfüllungsort für den Nachbesserungsanspruch ?
Praktisch relevant wird diese Frage besonders dann, wenn Wohn- bzw. Geschäftssitz von Käufer und Verkäufer relativ weit auseinander liegen.
In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um den Kauf eines Anhängers. Nachdem der Käufer Mängel festgestellt hatte, forderte er den Verkäufer zur Nachbesserung auf, brachte den Anhänger aber nicht in die Werkstatt des Verkäufers, sondern vertrat die Meinung, der Verkäufer müsse den Anhänger an seinem Wohnsitz abholen.
Nachdem der Verkäufer dies verweigerte, erklärte der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag und klagte auf Rückzahlung des Kaufpreises. Der Rechtsstreit ging durch drei Instanzen; der BGH wies die Klage in letzter Instanz ab. Begründung: der Käufer habe seine Obliegenheit, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben, nicht erfüllt, da er den Verkäufer lediglich zur Abholung aufgefordert hatte. Erforderlich wäre es gewesen, dass er den Anhänger zum Verkäufer bringt oder bringen lässt.
Die falsche Einschätzung der Frage, an welchem Ort der Anspruch auf Mängelbeseitigung zu erfüllen ist, ist den Käufer somit teuer zu stehen gekommen; die Prozesskosten über drei Instanzen werden im gegebenen Fall den Wert des Anhängers wohl weit überstiegen haben.
Der BGH hat seine Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen begründet:
1. Zunächst geht der BGH auf § 439 Abs. 2 BGB ein, wonach der Verkäufer die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transportkosten, Arbeits- und Materialkosten zu tragen hat. Verschiedene Gerichte hatten aus dieser Regelung den Schluss gezogen, dass der Verkäufer die mangelhafte Sache beim Käufer abholen müsse, um sie dann zu reparieren.
Diese Ansicht lehnte der BGH jedoch ab. Es handle sich bei § 439 Abs. 2 BGB um eine reine Kostentragungsregelung, die nichts darüber aussage, wo der Erfüllungsort liegt.
2. Der Erfüllungsort müsse lt. BGH vielmehr nach der allgemeinen Vorschrift des § 269 BGB bestimmt werden.
Die Prüfung hat damit in drei Stufen zu erfolgen:
- in erster Linie ist für die Bestimmung des Erfüllungsortes maßgeblich, was die Parteien vereinbart haben.
- liegt keine besondere Vereinbarung vor, kann sich der Erfüllungsort aus der „Natur des Schuldverhältnisses“ oder aus „besonderen Umständen“ ergeben.
- sind solche besonderen Umstände nicht gegeben, so ist Erfüllungsort für die Nacherfüllung der Sitz des Schuldners, also des Verkäufers.
- Der BGH nennt in seinem Urteil einige Beispiele zur Bestimmung des Erfüllungsortes wegen besonderer Umstände:
- Bei einem alltäglichen Kauf im Ladengeschäft muss nach Feststellung von Mängeln die Sache in den Laden zurückgebracht werden. Es wäre lebensfremd anzunehmen, dass der Verkäufer von Alltagsgegenständen den Käufer aufsuchen muss, um die Sache zu reparieren.
- Wurden die gekauften Gegenstände eingebaut oder wäre ein Rücktransport zum Verkäufer mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, so ist Erfüllungsort für die Nachbesserung der Wohnsitz des Käufers.
- Bei einem Kfz-Kauf und, wie vorliegend, beim Kauf eines Anhängers ist die Feststellung der Fehlerursache und die Mängelbeseitigung oft aufwändig und kann meist nur in einer Werkstatt durchgeführt werden. Deshalb ist lt. BGH Erfüllungsort für den Nachbesserungsanspruch der Geschäftssitz des Verkäufers (eine Ausnahme kann aber dann gegeben sein, wenn feststeht, dass die Reparatur vor Ort möglich ist).
Im Ergebnis muss also der Käufer eines Kfz oder eines Anhängers die Sache zur Mängelbeseitigung zum Verkäufer bringen, der Verkäufer hat jedoch die erforderlichen Transportkosten zu tragen (vgl. § 439 Abs. 2 BGB).
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass der BGH auch auf die europäische Verbrauchsgüterkauf -Richtlinie eingeht. In dieser Richtlinie ist u.a. geregelt, dass ein Käufer seine Nachbesserungsrechte ohne erhebliche Unannehmlichkeiten wahrnehmen können muss.
Auch wenn der Rücktransport zum Verkäufer für den Käufer mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, so ist dies lt. BGH im Regelfall keine erhebliche Unannehmlichkeit im Sinne der Richtlinie. Anders wäre erst dann zu entscheiden, wenn ein Rücktransport, wie oben bereits erwähnt, mit besonderen Schwierigkeiten verbunden wäre.
Fazit: Für Fälle des Kfz-Kaufs hat der BGH mit seiner Entscheidung klare Verhältnisse geschaffen. Bei anderen Fallkonstellationen kann es dagegen zweifelhaft sein, wo wegen der „Natur des Schuldverhältnisses“ oder wegen „besonderer Umstände“ der Erfüllungsort für die Nachbesserung liegt.
In solchen Zweifelsfällen ist dem Käufer anzuraten, den beschwerlicheren, aber sicheren Weg zu gehen und die Sache zur Nachbesserung zum Verkäufer zu bringen. Denn einerseits hat der Verkäufer hierfür letztlich die Kosten zu tragen, andererseits erspart sich der Käufer ggf. eine unangenehme Überraschung, wenn die Gerichte seine Einschätzung zum Erfüllungsort nicht teilen.
Jeder Rechtsstreit ist zwar mit Risiken verbunden, aber wo die Möglichkeit besteht, die Prozessrisiken zu minimieren, sollte dies genutzt werden.
(von Rechtsanwalt und Dipl.- Betriebswirt Ludwig Wachter, Regensburg)