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Rechtsanwalt Wachter
Markenrecht
Regensburg

 

 

Sachmängelhaftung- Beweislastumkehr bei privatem Autokauf

Kaufrecht- Sachmängelhaftung - Beweislastumkehr bei privatem Autokauf

(von Rechtsanwalt und Dipl. Betriebswirt Ludwig Wachter, Regensburg)

BGH, Urteil vom 02.06.2004,: VIII ZR 329/03 (Zahnriemenfall)

BGH, Urteil vom 14.09.2005, VIII ZR 363/04 (Karosserieschadenfall)

BGH, Urteil vom 18.07.2007, VIII ZR 259/06 (Zylinderkopfdichtungsfall)

Seit der Schuldrechtsreform im Jahr 2002 existiert eine gesetzliche Regelung (§ 476 BGB), die Verbrauchern die Geltendmachung von Sachmängeln erheblich erleichtert.

Nach der früheren Rechtslage musste auch bei einem Verbrauchsgüterkauf (also bei einem Geschäft zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher) vom Käufer bewiesen werden, dass ein nach dem Kauf festgestellter Mangel der Kaufsache schon bei Übergabe der Sache vorhanden war.

Bei einem Verbrauchsgüterkauf wird nun durch § 476 BGB die Beweislast umgekehrt: Zeigt sich innerhalb von 6 Monaten seit Übergabe ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei der Übergabe mangelhaft war. Der Unternehmer kann die Haftung für einen Sachmangel nur vermeiden, wenn er beweist, dass die Sache bei Übergabe in Ordnung war.  

Diese für Verbraucher vorteilhafte und scheinbar einfach zu handhabende Regelung bereitete den Gerichten - auch dem Bundesgerichtshof - in den ersten Jahren nach Inkrafttreten der BGB-Reform dennoch gewisse Schwierigkeiten.

Der BGH hatte im Jahr 2004 folgenden Fall zu entscheiden (Zahnriemenfall):

Eine Privatperson hatte von einem Kfz-Händler einen Pkw gekauft. Dieser erlitt einige Wochen nach dem Kauf einen Motorschaden. Ein beauftragter Sachverständiger ermittelte, dass die Ursache für den Motorschaden ein zu lockerer Zahnriemen war. Als Ursache hierfür wiederum kam entweder fehlerhaftes Material oder ein Fahrfehler (Fehler beim Gangwechsel) in Frage.

Welche Ursache genau für den lockeren Zahnriemen verantwortlich war, konnte der Sachverständige nicht ermitteln.

Der BGH stellte zunächst fest, dass der Motorschaden selbst nicht als relevanter Sachmangel angesehen werden kann, da der Motorschaden unstreitig erst nach Übergabe des Pkw aufgetreten ist und deshalb § 476 BGB mit der Beweislastumkehr nicht eingreifen konnte.

Weiter führt der BGH aus, dass § 476 BGB nur eine Beweiserleichterung für den Käufer in zeitlicher Hinsicht darstellt. Zeige sich innerhalb von 6 Monaten ein Sachmangel, so werde vermutet, dass dieser schon bei Übergabe vorhanden war, ohne dass der Käufer hierfür einen Beweis erbringen müsse.

Der Käufer müsse jedoch weiterhin beweisen, dass die Kaufsache überhaupt einen Mangel aufweise.

Bis hierher ist dem BGH beizupflichten. Dann führt der BGH jedoch aus, der Nachweis, dass ein Sachmangel vorgelegen habe, sei vom Käufer hier nicht geführt worden, da er nicht bewiesen habe, dass die Ursache für den lockeren Zahnriemen fehlerhaftes Material war. Laut Sachverständigengutachten komme vielmehr auch ein Fahrfehler in Frage. Deshalb scheide eine Haftung des Verkäufers aus.

Diese Entscheidung wurde im Schrifttum überwiegend kritisiert. Auch nach meiner Auffassung hat der BGH hier falsch entschieden, da er die Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, nicht konsequent von der Frage getrennt hat, was die Ursache für den Sachmangel war. Ein zu lockerer Zahnriemen stellt nach meiner Auffassung zweifellos einen Sachmangel dar. Da sich dieser Sachmangel innerhalb der 6-Monatsfrist des § 476 BGB zeigte, wäre zu vermuten gewesen, dass dieser Sachmangel bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden war. Das Gegenteil hätte dann evtl. vom Verkäufer bewiesen werden müssen. Da dieser Beweis im entschiedenen Fall nicht geführt werden konnte, hätte richtigerweise der Käufer in dem Rechtsstreit obsiegen müssen.

In einem weiteren Fall (Karosseriefall) aus dem Jahr 2005 ließ der BGH zwar die Beweislastumkehr des § 476 BGB zugunsten des Käufers eingreifen, aber nur aus dem Grund, weil für einen festgestellten Karosserieschaden nur eine bestimmte Ursache, die nicht aus der Sphäre des Käufers stammte, in Frage kam. Der BGH hatte also wiederum die Feststellung, ob ein Sachmangel vorliegt, davon abhängig gemacht, was die Ursache hierfür war.

Eine Richtigstellung und Abkehr von der bisherigen Rechtssprechung erfolgte erst im Jahr 2007 (Zylinderkopfdichtungsfall):

Einige Wochen nach Übergabe des Fahrzeugs wurde bei einer Untersuchung in einer Werkstatt festgestellt, dass die Zylinderkopfdichtung defekt war. Laut Sachverständigengutachten kamen hierfür drei Ursachen in Betracht:

- ein  vorhandene Schädigung schon bei Übergabe des Fahrzeugs

- eine Überhitzung des Motors durch zu wenig Kühlmittel

- eine Überhitzung durch Überbeanspruchung (Fahrfehler)

Hier stellte der BGH nun  klar, dass die defekte Zylinderkopfdichtung einen Sachmangel darstellt, unabhängig davon, was hierfür die Ursache ist. Da der Verkäufer nicht nachweisen konnte, dass die defekte Zylinderkopfdichtung auf einen Fahrfehler zurückzuführen war, musste er für diesen Defekt haften.

Konsequenzen aus dieser Rechtsprechung

- für einen Käufer:

Ein Käufer sollte zunächst darauf achten, dass ein aufgetretener Mangel beweiskräftig, also möglichst durch einen Fachmann dokumentiert wird. In einem evtl. Rechtstreit mit dem Verkäufer sollte das angerufene Gericht zur Vermeidung von Fehlentscheidungen möglichst nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der BGH von der in den ersten beiden Fällen geschilderten Rechtsprechung abgewichen ist und vom Käufer nur noch der Nachweis verlangt werden kann, dass ein Sachmangel vorliegt. Dem Käufer obliegt es dagegen nicht zu beweisen, dass dieser Sachmangel auf eine bestimmte Ursache, die nicht in seinem Verantwortungsbereich liegt, zurückzuführen ist.

- für einen gewerblichen Verkäufer:

Versuche, die Sachmängelhaftung zu umgehen, sind meistens zum Scheitern verurteilt:

Ein genereller Ausschluss der Sachmängelhaftung ist wegen § 475 Abs. 1 BGB nicht mehr möglich.  

Auch ein sog. Agenturgeschäft, bei dem der Kfz-Händler lediglich als Vertreter eines privaten Verkäufers auftritt, hilft in der Regel nicht weiter. Eine solche Gestaltung wird von der Rechtsprechung als Umgehungsgeschäft (§ 475 Abs. 1 Satz 2 BGB) angesehen. Dies führt dazu, dass die Regeln über den Verbrauchsgüterkauf, z.B. die Beweislastumkehr, weiterhin angewendet werden.

Wenig erfolgreich sind auch Versuche, sich vom Käufer (etwa in einem Übergabeprotokoll) schriftlich bestätigen zu lassen, dass das Fahrzeug keine Mängel aufweist. Denn solche   Privaturkunden haben nach der Rechtsprechung des BGH nur eine sehr eingeschränkte Beweiskraft. Aus diesen Urkunden kann sich allenfalls ein Indiz für die Mangelfreiheit ergeben. Dem Käufer wird aber dadurch der Beweis, dass dennoch ein Mangel vorhanden war, nicht abgeschnitten. Besonders gilt dies, wenn ein Mangel  für einen Laien schwer erkennbar ist.

Nach meiner Auffassung ist  der Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkauf am besten beraten, wenn er den Käufer auf ihm bekannte Mängel  schriftlich hinweist. Dann kann sich der Käufer nicht nachträglich auf diesen Mangel berufen (§ 442 BGB).

Hat sich ein Käufer für ein bestimmtes Fahrzeug entschieden, so wird er sich in der Regel durch den Hinweis auf einen Mangel nicht vom Kauf abhalten lassen, sondern allenfalls über einen niedrigeren Kaufpreis verhandeln.

Für den Verkäufer dürfte es normalerweise besser sein, beim Kaufpreis Zugeständnisse zu machen, als später nachbessern oder ggf. den gesamten Kauf rückabwickeln zu müssen.

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